In der Affäre um fragwürdige Asylentscheidungen im Bremer Flüchtlingsamt rückt eine weitere Behörde in den Fokus der Ermittler: das dortige Verwaltungsgericht. Nach Informationen des "Spiegel" meldete sich Ende Mai eine Bremer Verwaltungsrichterin beim Bundesinnenministerium, das den Vorgang an die Staatsanwaltschaft weiterleitete. Die Richterin berichtete von angeblichen Mauscheleien bei Klagen abgelehnter Asylbewerber.
Noch bevor die Fälle vor Gericht verhandelt worden seien, habe die Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die negativen Bescheide häufig wieder aufgehoben, so die Informantin. Unter den Richtern sei bekannt gewesen, dass eine "simple und kurze Nachfrage" beim Prozessbevollmächtigten des Bremer Flüchtlingsamts dazu ausgereicht habe. Dann seien aus Ablehnungen kurzerhand Anerkennungen geworden, und die Richter hätten sich ihrer "Aktenlast" entledigt. Es blieb nicht bei diesem einen Hinweis. Kurz darauf meldete sich ein Richter des Verwaltungsgerichts und berichtete über die Forderung des Prozessbevollmächtigten im Jahr 2015, bei Asylverfahren Absprachen vertraulich zu treffen. Es sei ja bekannt, dass man mit ihm über jedes Verfahren und dessen "einvernehmliche Erledigung" reden könne, habe der BAMF-Mitarbeiter gesagt. Solche geheimen Absprachen seien nicht mit einem rechtsstaatlichen gerichtlichen Verfahren vereinbar, so der Richter. Das Bundesflüchtlingsamt hat alle korrigierten Bescheide aus Bremen überprüft. In 337 Fällen seien Bescheide "vermutlich nicht rechtmäßig" erteilt worden, schrieb die Behörde im Mai. Die Staatsanwalt erklärte, sie teile diese Einschätzung unter strafrechtlichen Gesichtspunkten nach einer ersten vorläufigen Bewertung nicht.