Hakan Nesser hat Angst vor Aufstieg der Rechtspopulisten

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Hakan Nesser hat Angst vor Aufstieg der Rechtspopulisten

28.10.2018 - 08:00 Uhr

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über dts Nachrichtenagentur

Der schwedische Krimiautor Hakan Nesser ist frustriert, dass Demokratien dem Aufstieg der Rechtspopulisten derzeit weltweit wenig entgegenzusetzen haben. "Ich muss zugeben, dass ich im Moment ratlos bin, welche Maßnahmen gegen die Rechtspopulisten wirken könnten. Es passiert erneut, in so vielen europäischen und anderen Ländern. Wir debattieren, analysieren - und wir schauen zu, wie sich dieses Gedankengut weiter ausbreitet. Es frustriert mich enorm", sagte Nesser der "Welt am Sonntag".

Besonders schockiert habe ihn im Sommer ein Vorfall während einer für alle offenen Veranstaltungsreihe mit politischen Diskussionen auf der schwedischen Insel Gotland, wo er selbst lebt. "Die schlimmsten Neonazis aus ganz Schweden waren dorthin gereist. Man hatte ihnen erlaubt, sich dort zu versammeln, Reden zu halten", sagte Nesser der Zeitung. Als die Tochter einer Holocaust-Überlebenden zu einer Lesung einlud, wären auch die Neonazis dorthin gekommen. "Sie standen da, in einer Art von Uniform, mit verschränkten Armen. Mit dieser Geste drehten sie sich zu vielen Gästen um - auch zu ihr. Gesagt haben sie die ganze Zeit kein Wort. Standen nur da", sagte Nesser der "Welt am Sonntag", "die Polizei konnte sie nicht rauswerfen, weil die Neonazis ja nichts Verbotenes gemacht hatten. Die Frau hat die Lesung dann abgebrochen, weil sie nicht weitermachen konnte." Nesser, der 24 Jahre als Lehrer gearbeitet hatte, bevor er als Schriftsteller erfolgreich wurde, hatte sich dem Thema in seinem 2017 erschienen Roman "Der Fall Kallmann" genähert. Darin wird eine schwedische Schule in den 90er Jahren von Rechtsextremen bedroht. "Ich habe das Thema Neonazis darin nur touchiert, es ist nicht der dominierende Plot", sagte Nesser der Zeitung. Er erinnere sich jedoch noch genau, wie er während seiner Lehrerzeit im schwedischen Uppsala am dortigen Bahnhof demonstriert hatte, "weil ein paar Neonazis aus Stockholm ankamen", sagte er der "Welt am Sonntag", "den vielleicht zehn Neonazis standen 2000 von uns gegenüber. Damals hatte man sich über die Neonazis fast ein bisschen lustig gemacht, das waren lächerliche Skinheads, keine wirkliche Bedrohung. Das hat sich heute, mehr als 25 Jahre später, drastisch verändert." Grundsätzlich steht der 68-Jährige Krimis, die brisante tagesaktuelle Themen behandeln, jedoch eher skeptisch gegenüber. "Viele Krimis haben in den letzten Jahren vor allem das abgebildet, was in den Schlagzeilen der Zeitungen zu lesen war", sagte er der Zeitung, "als ich in den frühen 90ern anfing, Krimis zu schreiben, sagten mir viele Kollegen, dass sie Krimis eigentlich nur schreiben, um ihre Gesellschaftskritik auszudrücken. Nur scheint man inzwischen fast schon zu erwarten, dass Krimis gesellschaftliche Missstände kritisieren müssten. Davon mal abgesehen ist es nicht so kompliziert, eine Geschichte zu schreiben, in der Neonazis die Bösen sind. Nicht, dass wir uns missverstehen: Der Aufstieg der Rechtspopulisten macht auch mir Angst, nicht nur bei uns in Schweden. Nur könnte ich diese Entwicklungen nicht in Krimis reflektieren. Ich weiß das. Deshalb lasse ich es."

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