Bei den Jamaika-Sondierungen sieht Grünen-Unterhändler Jürgen Trittin die Kompromissgrenze seiner Partei zum Thema Migration erreicht. "Wir haben uns an vielen Stellen bewegt, sind bis an die Schmerzgrenze gegangen. Das betrifft Verfahren, aber auch Fristen und die Nennung von Zahlen", sagte Trittin der "Bild am Sonntag".
Nicht verhandelbar ist laut Trittin der Familiennachzug für subsidiär geschützte Flüchtlinge: "Wir werden nicht akzeptieren, dass Menschen, denen bereits ein niedrigerer Schutzstatus per Gesetz zugewiesen wurde, auch noch vom Familiennachzug ausgeschlossen werden. Das ist unmenschlich." Trittin betonte, der Familiennachzug sei ein sehr geordnetes Verfahren, das gut steuerbar sei. Dass sich die Verhandlungen beim Thema Migration so verhärtet haben, liegt nach Trittins Worten vor allem an der FDP: "Wenn ich Herrn Lindner beim Wort nehme, hat die FDP erklärt, dass sie auf der weiteren Aussetzung des Familiennachzugs besteht. Damit hat sie den Schulterschluss mit der CSU gesucht und so jede Bewegung für die Union schwer gemacht." Selbst wenn es beim Streitpunkt Flucht eine Einigung mit Union und FDP geben sollte, sieht Trittin noch weitere hohe Hürden für Jamaika. Die Differenzen seien fast größer geworden. Das gelte für die Europapolitik, wo der pro-europäische Kurs der Grünen auf einen immer europaskeptischeren Kurs der FDP treffe, bei Verkehr und Waffenexporten. "Union und FDP erwarten manchmal, dass wir das Gegenteil dessen tun, was wir im Wahlkampf versprochen haben. Das ist nicht realistisch." Speziell bei Waffenexporten stellte Trittin Union und FDP eine klare Bedingung: "In den nächsten Monaten stehen etliche Waffenexporte nach Saudi-Arabien an. Es dürfen aber nicht länger Waffen an Kriegsbeteiligte im Jemen gehen. Dort wütet ein mörderischer Krieg gegen die Zivilbevölkerung. Mit Hilfe von deutschen Patrouillenbooten wird eine Seeblockade gegen den Jemen organisiert. Die UN fordern ihre Aufhebung. In dieser Lage darf man Saudi-Arabien doch keine Waffen liefern." Auch beim Klima legte Trittin nach: "Wir müssen insgesamt 90 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Mit 7 Gigawatt weniger Kohlestrom, wie von Frau Merkel angeboten, lassen sich etwa 40 Millionen Tonnen erreichen. Bleiben 50 Millionen Tonnen CO2, die noch eingespart werden müssen." Trittin betonte: "Wir werden kein Regierungsbündnis eingehen, bei dem die erste Koalitionskrise im März stattfindet, die zweite im April und die Koalition spätestens in einem Jahr am Ende ist und dann neu gewählt werden muss. Das würde einen massiven Schaden verursachen und Europa dauerhaft lähmen. Wir Grüne gehen nur in Koalitionen, wenn wir die begründete Aussicht haben, dass wir vier Jahre stabil regieren können."
20.11.2017 12:30 Uhr