Der frühere bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer wirft der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, mit ihrer Flüchtlingspolitik den Einzug der AfD in Landtage und Bundestag befördert zu haben.
Mit Blick auf Merkels Entscheidung, im September 2015 für eine große Zahl von Flüchtlingen die Dublin-Regeln auszusetzen und sie ins Land zu lassen, sagte Seehofer für ein Buch des FAZ-Redakteurs Eckart Lohse über Merkels Kanzlerschaft: "Die Entscheidung von 2015 hat die AfD in die Parlamente gespült."
In einem Gespräch mit dem Verfasser im Sommer 2023, aus dem im Buch zitiert wird, gesteht Seehofer Merkel zu, die Bankenkrise, die Weltwirtschaftskrise, die Eurorettung und die Corona-Pandemie "nicht schlecht" gemanagt zu haben. "Ihr Verhalten im Jahr 2015 hat mich dagegen sehr enttäuscht", fährt er fort. Für Merkel sei die Entwicklung vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte entscheidend gewesen.
"Sie hat aber nicht verstanden, dass durch ihr Verhalten die politischen Ränder, vor allem der rechte, enorm gestärkt werden."
Merkel zeigte sich auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise Aufforderungen sowohl aus der CDU als auch vom damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck gegenüber verschlossen, deutlich über die Herausforderungen durch die große Zahl von Migranten zu sprechen.
In dem Buch beschreibt der damalige hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) seine vergeblichen Bemühungen. "Das Bild, dass alle `welcome` riefen, als die Flüchtlinge ankamen, verschwand relativ schnell", erinnert er sich. Er habe Merkel zum Jahreswechsel 2015/2016 aufgefordert, "sie müsse mal öffentlich sagen, dass es so nicht weitergeht", berichtet Bouffier.
"Das hat sie aber nicht gemacht."
Ähnlich stellt es auch der damalige Bundespräsident Joachim Gauck dar. Schon 2015 sagte er: "Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind endlich." Merkel habe ihn damals nicht darauf angesprochen.
"Ich wollte die Debatte in die Mitte bekommen", begründet Gauck seine Formulierung. "Es war absehbar, dass die Willkommenskultur nicht ewig währen würde."