Auch nach dem Einreiseverbot der Niederlande für den türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) die abweichende Haltung der Bundesregierung verteidigt. "Es würde niemandem nützen, wenn der Streit jetzt auf die Spitze getrieben würde, auch denen nicht, die in der Türkei für die demokratischen Grundwerte kämpfen", sagte Kauder dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montagsausgabe). Man könne - wie die Niederlande - zu einer anderen Entscheidung kommen.
"Deutschland als die größte Nation in der EU sollte trotz allem mit Ankara grundsätzlich im Gespräch bleiben, obwohl die türkische Regierung der Bundesregierung diese Entscheidung derzeit wahrlich nicht einfach macht", sagte Kauder und sprach von schweren Provokationen. "Inakzeptabel" und "abwegig" seien insbesondere die von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und Mitgliedern der Regierung gebrauchten Nazi-Vergleiche. Zudem müsse Deutschland "in jedem Fall" verlangen, "dass türkische Politiker mit offenen Karten spielen und nicht - wie geschehen - behaupten, lediglich an einer Kulturveranstaltung teilnehmen und ein Grußwort sprechen zu wollen, während sie in Wirklichkeit Wahlkampf betreiben". Mit Blick auf das türkische Referendum zur Einführung eines Präsidialsystems, dessen Ausgang "auf Messers Schneide" stehe, erwartet Kauder "schwierige Wochen" auch für das Verhältnis der EU zur Türkei. "Dass die EU der Türkei nun Mittel kürzt, ist nach der jüngsten Entwicklung dort nur konsequent. Mit ihrem Kurs schadet die Regierung in Ankara ihrem Land massiv, vor allem auch wirtschaftlich." Zu befürchten sei bei alledem jedoch auch, dass die Lage für den inhaftierten Journalisten Deniz Yücel, für dessen Freilassung sich die Bundesregierung einsetzt, durch die ganze Diskussion "nicht besser geworden" sei, so Kauder. Für den Fall eines positiven Ausgangs des Referendums erwartet der Unionsfraktionschef-Vorsitzende eine "große Belastung" für die Nato. Die Türkei ist Mitglied. "Die Nato ist nicht nur ein Sicherheitsbündnis, sondern auch eine Wertegemeinschaft."
01.06.2017 22:27 Uhr