Der Chef des SPD-Wirtschaftsforums, Michael Frenzel, hat sich für Steuersenkungen nach der Bundestagswahl bei mittleren Einkommen stark gemacht. "Muss der Spitzensteuersatz wirklich schon bei 54.000 Euro anfangen?", fragte der frühere TUI-Chef im Interview mit der "Welt". "Und sollen die Sozialabgaben wirklich so hoch sein?" Er sei der Meinung, die mittleren Einkommensschichten müssten entlastet werden.
Anders als andere Genossen will Frenzel Spitzenverdiener im Gegenzug nicht stärker zur Kasse bitten. "Wir reden über Entlastungen, nicht über Belastungen", sagte der Top-Manager, der auch heute noch in den Aufsichtsräten namhafter Unternehmen sitzt. Gleichzeitig verteidigt der Wirtschaftsexperte die Wahlkampfaussagen von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz zur Agenda 2010. Viele Menschen fühlten sich in Deutschland als Verlierer und hätten Ängste. "Wenn wir diese Menschen nicht aus der demokratischen Mitte verlieren wollen, müssen wir uns mit ihrer Situation ernsthaft beschäftigen", warnte Frenzel. Es gebe auch Bevölkerungsgruppen, die objektiv abgehängt seien - zum Beispiel die sogenannten prekären Arbeitsverhältnisse. "Das ist sicher nicht die Mehrheit der Gesellschaft. Aber es gibt sie." In der Vergangenheit hätten sich die Menschen von der SPD nicht mehr vertreten gefühlt. Sie seien zur extremen Linken oder Rechten gegangen. Schulz, der der SPD in den Umfragen ein Hoch beschert, sei ein "absolut vernünftiger Pragmatiker mit ausgeprägtem Sinn für Solidarität und gesellschaftlicher Verantwortung." Er setze dem gescheiterten Neoliberalismus eine modernisierte soziale Marktwirtschaft entgegen. Frenzel verteidigt auch das sogenannte Arbeitslosengeld Q. "Als die Agenda beschlossen wurde, gab es in Deutschland über fünf Millionen Arbeitslose. Das war eine völlig andere Situation." Heute müsse Deutschland über den Facharbeitermangel nachdenken. Außerdem seien die Kassen voll. Wenig hält der Manager dagegen von der Diskussion über eine Begrenzung von Managergehältern. "Das ist eine Marktfrage und eine Frage der Vertragsfreiheit", sagte der Chef des SPD-Wirtschaftsforums. Natürlich habe sich in den Spitzenpositionen ein Gehalt entwickelt, das weit weit sei von den Durchschnittsgehältern. "Nur, das ist halt der Markt. Wollen wir da wirklich eingreifen? Ich denke nicht." Frenzel rief die SPD außerdem auf, sich im Wahlkampf den Themen Einwanderung und innere Sicherheit stärker zu widmen. Die Wähler wollten dann klare Worten zu diesen Themen hören. "Und sie wollen überzeugende Aussagen zur Sicherheitspolitik hören - das wird wahlentscheidend sein." Ihm gehe es da um viel mehr als nur um Terror. "Da reden wir über Einbrüche, Diebstahl, Kleinkriminalität." Die Menschen wollten mehr Sicherheit.
17.09.2017 12:24 Uhr