Autor Wolf Schneider erkennt auch Vorteile in Flut von Online-Texten

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Autor Wolf Schneider erkennt auch Vorteile in Flut von Online-Texten

08.06.2017 - 01:00 Uhr

Autor Wolf Schneider erkennt auch Vorteile in Flut von Online-Texten Autor Wolf Schneider erkennt auch Vorteile in Flut von Online-Texten Kultur/Medien
über dts Nachrichtenagentur

Der Bestseller-Autor und "Sprachpapst" Wolf Schneider erkennt auch Vorteile in der heutigen Flut von Online-Texten auf Websites, Blogs und in sozialen Netzwerken. "140 Zeichen sind immer besser als 1.400", schreibt der langjährige Journalismus-Praktiker und -ausbilder in einem Gastbeitrag für die "Berliner Zeitung" (Donnerstagsausgabe). "Aus noch weniger als 140 Zeichen besteht die Hälfte aller Bibelverse, bloß rund 90 haben die Seligpreisungen der Bergpredigt."

Allerdings sei der auf 140 Anschläge begrenzte Tweet im Grunde nur "eine schlüssige Antwort darauf", dass es zwar vorkomme, dass man "eine ganze Seite Text auf Papier bis zu Ende liest – auf dem Bildschirm aber selten oder nie", so Schneider. Ein weiterer Nachteil: "Leider erlaubt die an sich so schöne Kürze jenes Tempo, mit dem Donald Trump so viel Unheil stiftet – mehr wahrscheinlich, als wenn 1.000 Zeichen ihm ein paar Minuten des Verweilens, vielleicht Stutzens aufgezwungen hätten." Es liege auch an Tempo und Kürze, dass Trump "dem Schlimmsten, wofür das Netz sich hergibt, naherückt: dem Mobbing, der anonymen Schmähung, dem nackten Hass". Durch das Internet sieht Schneider nicht unbedingt die Sprache bedroht – wohl aber die Leselust des Publikums. "Unsereiner lebt damit, dass ihm ein unendliches elektronisches Gelaber ins Büro oder in die Wohnung rieselt", klagt er in dem Beitrag. "Das Internet schickt einen elektronischen Wortrausch um die Welt, an dem Milliarden Menschen sich besaufen. Die Schreiblust hat sich verhundertfacht – die Leselust nicht. Ein Blog von 500 Wörtern aber hat am Ende ziemlich sicher die Lesequote Null." Schneider stellt in dem Gastbeitrag zudem Regeln fürs Schreiben von Online-Texten auf - darunter, seltener, kürzer und anschaulicher zu schreiben. Zudem sei man auch als flüchtiger Schreiber gut beraten, den eigenen Text noch einmal zu lesen, ehe man ihn sendet – "mit der Chance, ihn zu verbessern oder ihn zu vergessen", so Schneider. Der 92-Jährige, der weiterhin journalistisch aktiv ist, nennt außerdem die größten Stärken des Internets für ihn als Nutzer: Briefpost sei zu langsam, Google und Wikipedia lieferten riesige Archive ins Haus – und drittens: "Schon wenige Minuten nach der Landung kann ich in acht Wörtern erfahren, dass meine Tochter gut in Bangkok angekommen ist. Das ist ja was."

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Kommentare zu "Autor Wolf Schneider erkennt auch Vorteile in Flut von Online-Texten"

Insgesamt 7 Kommentare vorhanden


Kommentar von skazchan
17.08.2017 13:00 Uhr

Das stimmt allerdings, doch manchmal reichen die 140 Anschläge nicht aus um sich zu erklären und so entsteht häufiger das Problem, dass die Leser eines Tweets den Inhalt missverstehen. Kam schon oft genug vor

Kommentar von Spongebob
01.07.2017 23:08 Uhr

Interessant und belustigend zu sehen, dass ein Schreiber vom ,,alten Schlag" sich zu dieser Thematik positiv äußert. Keine pauschalisierenden Sätze die nur traditioneles romantisieren.

Kommentar von jamieschaller
27.06.2017 13:12 Uhr

Da Internet wird immer wichtiger und wichtiger - wer sich noch dagegen wehrt und dagegen schimpft hat leider den Anschluss verloren und wird bald einsam werden!

Kommentar von stekup
13.06.2017 23:38 Uhr

Bei solchen Texten, ist es wichtig mit den richtigen Worten in aller "Kürze" auf den Punkt zu kommen! Man könnte sagen, in der Kürze liegt die Würze!!

Kommentar von Freddie32
09.06.2017 00:09 Uhr

Man verlernt dennoch immer mehr das reale schreiben,das gefühl ein echtes Buch in der hand zu haben und das sollte man sich doch trotzdem immer bewahren.

Kommentar von PurpleColumbine
08.06.2017 20:00 Uhr

Vorteile und Nachteile gibt es immer und überall. Was für den einen vorteilhaft ist, kann für den anderen nachteilig sein. Das ist doch normal und bedarf keiner Erklärung.

Kommentar von GoldSaver
08.06.2017 09:00 Uhr

Es ist doch im Grunde immer so, dass alles immer Vorteile hat, allerdings findet man ebenso auch überall Nachteile. Es kommt halt nur darauf an, von welchem Standpunkt man die Sache betrachtet.